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Geschichte

Einführung in die Geschichte der Karpatendeutschen in der Slowakei

(Ernst Hochberger, Sinn, Juli 2000)

 

Im Herzen Europas

Infolge ihrer geographischen Lage im Herzen Europas war die Slowakei immer Bestandteil der entwickelten Zivilisation. Zahlreiche archäologische Funde sind ein prägnanter Beweis dieser Tatsache. Ab 400 v. Chr. hinterließen die Kelten beachtliche Spuren. In vorslawischen Zeiten hatten besonders germanische Stämme eine bedeutende Position. Um das Jahr 6 n. Chr. stießen die Römer bis zur Donau vor und mussten sich mit den in der Südwestslowakei lebenden Quaden auseinandersetzen. In der Mittel- und Nordost-Slowakei verschmolzen die Träger der Puchauer Kultur mit den Resten von Dakern und Kelten und Splittern anderer germanischer Stämme (Karpen, Buren, Ossen). Um 200 n. Chr. kamen die Vandalen in die Ostslowakei, 406 zogen sie mit den Quaden ab. Um 500 erreichten die Langobarden die Slowakei, und verließen sie nach 70 Jahren wieder. In dieser Zeit kamen in die Slowakei die ersten Slawen. Anfang des siebten Jahrhunderts wurde der fränkische Kaufmann Samo zum König der Slawen ausgerufen. In die Slowakei strömten deutsche Missionare, 828 weihte in Neutra der Salzburger Bischof Adalram die erste christliche Kirche ein.

 

Die Deutsche Besiedlung der Slowakei
Die Karpatendeutschen

Seit dem ersten König Ungarns, Stephan (1000-1038), wurden Deutsche als Fachleute in das Land gerufen: Bergleute, Handwerker, Kaufleute, aber auch Ritter und Geistliche. Den "Gästen" wurde zugesichert, dass sie nach ihrem deutschen Recht leben könnten. Die realistische Zahl der Deutschen in der mittelalterlichen Slowakei wird auf ca. 250.000 geschätzt, was ein Viertel der Gesamtbevölkerung sein könnte.
Die Deutschen kamen nicht als Eroberer, nicht um eine "Kolonie" zu errichten, nicht um jemanden auszubeuten, auch nicht als Abenteurer oder als Söldner einer Macht, um andere zu bekriegen in die Slowakei! Sie wurden von den Königen Ungarns gerufen.
In der Zeit der Hussiten- und Türkenkriege und später durch die Magyarisierung wurde die Zahl der Deutschen stark vermindert. Die Abstammung der Deutschen lässt sich vor allem aus der Mundart ableiten. Bei den Bewohnern des Preßburger Siedlungsgebietes herrschte eindeutig die bayerische Mundart vor. Für das Hauerland und die Unterzips ist eine ostmitteldeutsch-bayerische Mischung festgestellt. Für die Oberzips kommt als Herkunftsgebiet der schlesische und sudetenländische Raum in Betracht. Den Begriff "Karpatendeutsche" prägte der Historiker Raimund Friedrich Kaindl am Anfang des 20. Jahrhunderts. Er bezeichnete so die Deutschen in der Slowakei und in der Karpatenukraine.
Vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis 1945 lebten auf dem Gebiet der Slowakei durchschnittlich 150.000 Deutsche zumeist in den folgenden drei größeren Siedlungsgebieten:

Preßburg und Umgebung (1930 ca. 49.000 Deutsche)

An der Grenze zu Österreich und Ungarn erstreckte sich das Preßburger Siedlungsgebiet mit sechs (1930) deutschen Mehrheitsgemeinden und neun Orten mit zum Teil beträchtlichen bodenständigen deutschen Minderheiten. Auch die Stadt Preßburg hatte bis 1900 eine deutsche Bevölkerungsmehrheit. Im Norden von Preßburg liegen die Weinbaugemeinden St. Georgen, Bösing und Modem, östlich von Preßburg die sechs Schüttinseldörfer, von denen Oberufer dank seinem Volkstheater weltberühmt war. Alle bewahrten bis 1945 ihre deutsche Tradition.

Das Hauerland (1930 ca. 41.000 Deutsche)

Die deutsche Besiedlung der Mittelslowakei erfolgte wegen der reichen Bodenschätze. Im 13. und 14. Jahrhundert entstanden die "Sieben niederungarischen Bergstädte", mit dem "goldenen Kremnitz", dem "silbernen Schemnitz" und dem "kupfernen Neusohl". Im 14. Jahrhundert entstanden um die Städte (besonders um Kremnitz und Deutsch-Proben) ländliche Siedlungen, deren Bewohner neben ihrer Tätigkeit in Gruben auch auf kargen Böden Landwirtschaft betrieben. Zum Namen "Hauerland" kam es nach 1930, weil von 24 deutschen Dörfern acht auf die Silbe "hau" endeten, was eine durch die Rodung des Waldes entstandene Lichtung bezeichnete.

Die Zips (1930 ca. 36.000 Deutsche)

Sie liegt an einem der wichtigsten europäischen Handelswege des Mittelalters, der eine Verbindung zwischen Ungarn und Polen durch das Hernadtal und das zur Weichsel entwässernde Poppertal herstellte. In der Oberzips bestand seit dem 13. Jahrhundert der Bund der 24 königlichen Zipser Städte mit Zentren in Kesmark und Leutschau. Am Fluss Göllnitz liegen sechs Bergbauorte und im Bodwatal Metzenseifen und Stoss, die Gemeinden der Hammerschmiede. Die Zips weist auf einem relativ kleinen Gebiet, umstellt von einer herrlichen Hochgebirgsszenerie, eine derartige Fülle an mittelalterlichen Kunstschätzen auf, wie kaum ein anderes Land.

Die Karte zeigt die ungefähre Ausdehnung der deutschen Sprachinseln in der Slowakei bis 1945.

 

Weitere Karpatendeutsche Siedlungen

Die Habaner

Im 16. und 17. Jahrhundert wanderten Handwerker und Gewerbetreibende aus deutschen Ländern und der Schweiz aus religiösen Gründen in die Slowakei ein. Es waren Wiedertäufer, Habaner genannt. Aufgrund ihres Gemeinschaftssinns, der sich aus ihrem Glaubensbekenntnis ergab, schufen sie gemeinsame Siedlungen so genannte Höfe. Habanersiedlungen befanden sich z. B. in Sobotischt und in Großschützen Die Habaner beherrschten besonders gut die Fayence- oder Steingutherrstellung.

Besiedlung im 18. Jahrhundert

Im Zuge der Besiedlung, die das Königreich Ungarn während der Regierungszeit Maria Theresias und Josefs II. vornahm, wurden auch Deutsche in die Slowakei gerufen. In den Kleinen Karpaten wurden deutsche Holzfällerkolonien angelegt So kamen 1786 aus verschiedenen deutschen Ländern Deutsche nach Deutschdioseg, wo jede Familie Grund, landwirtschaftliche Geräte, zwei Pferde, eine Kuh und Lebensmittel erhielt. Im Roten Kloster lebten die Kamadulenser, die Mönche eines katholischen Ordens. Im Zuge seiner Reformen hat Josef II. den Kamadulenser-Orden aufgelöst. Das Vermögen der Kamadulenser erhielten 1786 teilweise über 100 Familien, die aus deutschen Ländern nach Unter- und Oberschwaben kamen.

Tscherman

1857-58 kamen die Güter der Grafen Degenfeld-Schönburg und des Barons Heinrich von Splényi bei Tscherman im Neutratal zum Verkauf. Agenten gelangten bis nach Hannover und Oldenburg und bewogen eine Anzahl von Familien dazu, die Besitztümer gemeinsam zu erwerben. Gerhard Heuer aus Suttrup führte im Herbst 1858 die Auswanderer in die neue Heimat. 1859 folgte unter Führung Steltenpohls aus Schemde eine weitere Gruppe.

Michalok

Zehn Kilometer nördlich von Vrönel an der Töpl liegt Michalok, wo bis 1944 ein unverfälschtes Egerländerisch gesprochen wurde. Im Jahre 1899 kauften sich deutsche Bauern hier ein. Die meisten stammten aus der Gegend von Tachau in der Tschechischen Republik, kamen aber nicht aus ihrer ursprünglichen Heimat, sondern aus Ostgalizien. Die Männer waren meist gelernte Zimmerleute. Viele arbeiteten in der Quecksilbergrube in Merník.

Tochtersiedlungen

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Armut vieler deutscher Gemeinden durch den kargen Boden der Gebirgslandschaft und die Überbevölkerung verursacht. Viele Deutsche aus der Slowakei arbeiteten in Böhmen, Mähren oder im Ausland als Saisonarbeiter. Die Unternehmungslustigeren wanderten nach Übersee aus. Manche kauften Güter im Süden der Slowakei. So haben 20 deutsche Familien aus Deutsch-Litta und Drechslerhau die Siedlung Neu-Weinberge gegründet. Mehrere Familien aus Hochwies und Paulisch kauften Güter in Demanditz, Sazdice und bei Vráble. Mehrere Krickerhauer haben sich in Groß-Bedzan angesiedelt. Außerhalb dieser Gebiete und Orte lebten ca. 22.000 Deutsche.
Die deutschen Siedler, die seit dem 11. Jahrhundert in die Slowakei kamen, waren Christen. In den von ihnen gegründeten Siedlungen bauten sie ihre Kirchen, die nicht nur Mittelpunkt ihrer Siedlungen, sondern auch ihres geistigen Lebens waren. Durch die Reformation im 16. Jahrhundert, der sich zunächst die meisten Karpatendeutschen anschlossen, wurde die Verbindung zum deutschen Mutterland wieder enger. Die künftigen Pfarrer studierten an deutschen Universitäten, und in den Städten der Slowakei wurde ein Schulwesen nach deutschem Muster (Melanchton) aufgebaut. Durch diese Schulen erhielten auch die Slowaken die Möglichkeit, an deutschen Universitäten zu studieren und bekamen dadurch Verbindung zum westeuropäischen geistigen Leben. Durch die Gegenreformation der Habsburger wurde die konfessionelle Struktur der Karpatendeutschen wieder verändert, so dass die Zips mehrheitlich evangelisch, Preßburg und seine Umgebung mehrheitlich katholisch, das Hauerland hingegen fast ganz katholisch war. 65 % der Karpatendeutschen waren katholisch und 30 % evangelisch A. B.

 

Das letzte Jahrhundert der Karpatendeutschen

Die Madjarisierungsbestrebungen, getragen vom ungarischen Staat, schwächten die Karpatendeutschen von Jahr zu Jahr, besonders in den Städten. An allen deutschen Schulen war die deutsche Unterrichtssprache abgeschafft worden. Die Eingliederung der Slowakei in die Tschechoslowakei im Jahr 1918 brachte für das Karpatendeutschtum eine Wende zum Positiven. Die nationalen Minderheiten hatten das Recht auf eigene Schulen, Vereine und Presse. Da es vielfach an qualifizierten Lehrern fehlte, kamen Lehrer aus dem Sudetenland, welche neben der Bildung auch bei der Entstehung eigenständiger Vereine mitwirkten und das nationale Bewußtsein belebten. Politisch war das Karpatendeutschtum zersplittert. Nur die Zips stand fast geschlossen hinter der Zipser Deutschen Partei. 1929 wurde die Karpatendeutsche Partei gegründet, 1935 schloß sie ein Wahlbündnis mit der Sudetendeutschen Partei. Im Oktober 1938 vollzog sich die Umwandlung der Karpatendeutschen Partei in die Deutsche Partei. Die Deutsche Partei neigte zur nationalsozialistischen Weltanschauung, ihre Agitation und ihr Auftreten war oft übertrieben. Die Karpatendeutschen genauso wie die Slowaken standen aber nicht geschlossen im Dienste des deutschen Faschismus. Aufgrund des Vertrages der Slowakei mit dem Deutschen Reich erhielten die Karpatendeutschen in der Slowakischen Republik politische Freiheit und Schul- und Kulturautonomie. Auf dem Hintergrund der Kriegsentwicklung 1943-1945 löste sich eine Krisenstimmung bei den Karpatendeutschen aus. Während des Aufstandes im Herbst 1944 waren besonders die Streusiedlungen und das Hauerland betroffen. Der Leidensweg der Karpatendeutschen hat begonnen.

 

Der Leidensweg der Karpatendeutschen

Neben den Millionen Deutschen aus dem Osten gehörten auch die Karpatendeutschen zu den Leidtragenden des Krieges und der Machtpolitik von Hitler, Stalin und Benesch. Nach dem Ausbruch des Aufstandes in der Slowakei (Herbst 1944) waren die Karpatendeutschen auf sich alleine angewiesen. Am schlimmsten betroffen waren die Streusiedlungen und das Hauerland. Es kam zu Massenmorden in Rosenberg, Glaserhau, Schemnitz, Deutsch-Proben, Sklabiná, mit weit über 500 Toten. Ab November 1944 begann die Evakuierung. Insgesamt dürften zwei Drittel der Karpatendeutschen durch die Evakuierung erfasst worden sein. Viele versuchten nach dem Kriege in die Heimat zurückzukehren, wurden aber wie die in der Heimat Verbliebenen in Lager gesteckt und 1945/46 aus der CSR ausgewiesen. Die aus karpatendeutscher Sicht größte Tragödie ereignete sich in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni 1945 im mährischen Prerau/Prerov. Dort fielen 267 für Karpatendeutsche gehaltene Menschen einem Massaker zum Opfer. Unter dem Kommando des slowakischen Leutnants Karol Pazúr erschossen Soldaten des in Preßburg-Engerau (Bratislava-Petržalka) stationierten 17. Infanterieregiments sechs Wochen nach Kriegsende 78 Kinder (darunter drei Säuglinge im Alter von sechs, sieben und acht Monaten), 120 Frauen (darunter eine 90-Jährige) und 69 meist ältere, nicht mehr wehrdienstfähige Männer. Zu den Opfern zählten auch Personen anderer Nationalitäten, wie Slowaken, Ungarn und eine Russin. 131 Opfer kamen aus Dobschau/Dobsina, 36 aus Drexlerhau/Janova Lehota, 34 aus Mühlenbach/Mlynica, 30 aus Käsmark/Kezmarok, 7 aus Deutschendorf/Poprad, 7 aus Groß Schlagendorf/Vel’ký Slavkov, 6 aus Matzdorf/Matejovce, 5 aus Michelsdorf/Straze pod Tatrami, 4 aus Einsiedel/Mnišek nad Hnilcom, 3 aus Georgenberg/Spišská Sobota, 3 aus Altwalddorf/Stará Lesná und 1 Opfer aus Hollomnitz/Holumnica.

Ungefähr 10-15 % der Karpatendeutschen sind aus verschiedenen Gründen in der Slowakei geblieben. Bei der Flucht, Vertreibung, Verschleppung und im Konzentrationslager in Nováky verloren weitere Hunderte Karpatendeutscher ihr Leben. Dadurch wurden in den Jahren 1944-1947 die mehr als 800 Jahre dauernde überaus fruchtbare Kultur und das gute Zusammenleben der Karpatendeutschen mit den Slowaken zerstört.

 

Die Karpatendeutschen nach 1945 in Deutschland, Österreich und in Übersee

Nach der Vertreibung 1945/46 kamen sich die Karpatendeutschen im zerstörten Deutschland verloren vor. Aber der ungebrochene Wille zur Erhaltung der Existenz und die Hilfen der Organisationen auf sozialem Gebiet, wie bei der Familienzusammenführung, sowie der Beistand der Seelsorger beider Konfessionen führten wieder in ein geordnetes Leben.
1946 wurde das "Hilfskomitee der Evang.-Luth. Slowakeideutschen" gegründet.
1948 folgte der "Hilfsbund Karpatendeutscher Katholiken".

Gleichzeitig wurde "Die Arbeitsgemeinschaft der Karpatendeutschen" als damalige Dachorganisation gegründet, die 1949 nach der Gründung der "Karpatendeutschen Landsmannschaft Slowakei" um diese erweitert wurde.

Die Sammlung, Bewahrung, Erforschung und Darstellung karpatendeutschen Kulturgutes und die Aufhellung der kulturellen und interethnischen Zusammenhänge übernahm das 1969 in Karlsruhe gegründete "Karpatendeutsche Kulturwerk Slowakei" mit seinem Museum, der Bibliothek und dem Archiv. In Österreich kam es 1950 in Wien zur Gründung des "Hilfsvereins der Österreicher aus Preßburg und Umgebung" (ab 1955 "Karpatendeutsche Landsmannschaft in Österreich") und ebenfalls 1950 in Linz zur Gründung der "Karpatendeutschen Landsmannschaft in Oberösterreich". In den USA wurde ebenfalls eine Landsmannschaft gegründet. Lediglich in der seinerzeitigen sowjetischen Besatzungszone und der nachfolgenden DDR blieben die Karpatendeutschen bis 1989 ganz allein auf sich gestellt, da keine Organisationen dieser Art erlaubt waren.

 

Die Karpatendeutschen nach 1945 in der Slowakei

Schwer war die Lage der Karpatendeutschen, die aus verschiedenen Gründen in der Slowakei geblieben sind. Aufgrund der Benesch-Dekrete sind sie recht-, ehr- und besitzlos geworden. Bei der Volkszählung 1950 haben sich 5.179 Bewohner zur deutschen Nationalität bekannt. 1980 waren es nur noch 2.819. Die zielbewusste Assimilation und das Fehlen deutscher Schulen haben dazu geführt, dass die Karpatendeutschen am Ende der 80er Jahre in ihrer Existenz vollkommen bedroht waren. Ein neues Licht der Hoffnung ist ihnen nach 1989 aufgegangen. Bei der Volkszählung 1991 haben sich 5.629 Personen zur deutschen Nationalität gemeldet. Es wird jedoch angenommen, dass es zur Zeit mehr Deutsche in der Slowakei gibt. Im September 1990 wurde in Metzenseifen der Karpatendeutsche Verein in der Slowakei ins Leben gerufen. Er ist organisatorisch in fünf Regionen gegliedert und hat mehr als 4.000 Mitglieder in 36 Ortsgruppen. Die finanzielle Unterstützung vom Kulturministerium der Slowakischen Republik, Zuwendungen aus der Bundesrepublik Deutschland, sowie die moralische und materielle Unterstützung der Landsmannschaften und Landsleute helfen, den in der Slowakei lebenden Deutschen ihre eigene Kultur, Sitten und Traditionen zu pflegen und zu bewahren.

 

Die Kultur der Slowakei und ihr karpatendeutscher Anteil

1. Städtegründungen

Mit zwei typischen Grundrissformen, die von den Deutschen in die Slowakei mitgebracht wurden, haben sie das Bild der Städte, noch heute auffallend sichtbar, entscheidend geprägt. Die Gründung der Städte, vor allem der königlichen Freistädte, am Platz zerstörter, schon vor dem Mongoleneinfall bestehender deutscher Ansiedlungen, in der Nachbarschaft slowakischer Siedlungen, oder seltener, auf dem freien Land, erlaubte die Anlage von geplanten Gemeinwesen. Ihre Entwicklung blieb nicht dem Zufall überlassen. Sehr oft wurde die Zentralanlage, mit ihrem quadratischen oder rechteckigen Marktplatz, um den die Straßen schachbrettartig angeordnet sind, verwirklicht. Häufig kam es auch zur Ausführung eines Straßenmarktes, der einen Verkehrsweg spindelförmig verbreiterte, und wo parallel zu diesem, sich rechtwinklig kreuzend, die anderen Straßen verliefen.

2. Architektur

Vielfältig sind die Zeugen der verschiedensten Baustile, die mit ganz wenigen Sakralbauten bis in die romanische Epoche zurückreichen. Am nachhaltigsten hat aber die Gotik die Kunstlandschaft der Slowakei geprägt. Die großen Kirchenbauten zeigen verschiedene Einflüsse (Prag, Wien, Westfalen, Baugewohnheiten der Bettelorden), mit häufigen Vereinfachungen. Eine Sonderstellung nehmen die zweischiffigen, über eine oder mehrere Mittelstützen, in der Gotik nachträglich eingewölbte Kirchen der Zips ein. Nach einem zögernden Beginn, setzte sich die Renaissance erst mit der raschen Annahme der Reformation durch. Es wurden große Rathäuser, viele Schlösser und Kastelle und zahlreiche freistehende Glockentürme in der Zips, die zur Aufnahme neuer und schwerer Geläute dienten, errichtet. Mit der Universitätskirche in Tyrnau kam der Barock in die Slowakei, wo er sich als Stil der Gegenreformation nur langsam durchsetzen konnte. Prachtbauten führte Anton Pilgram aus, andere werden Franz Anton Hillebrandt zugeschrieben. In dieser Zeit wurden die evangelischen, hölzernen Artikularkirchen errichtet, von denen noch einige erhalten geblieben sind. Schließlich hatte auch der Klassizismus und der Sezessionsstil die Slowakei erfasst. Unübersehbar sind im ländlichen Bereich die Baugewohnheiten, die von den Deutschen mitgebracht wurden, die Häuser der Weingärtner im Preßburger Raum, die der Bergleute und Köhler in der Mittelslowakei und die der Bauern und Handwerker in der Zips.

3. Bildende Kunst

Verschwindend klein ist die Zahl der romanischen Steinplastiken, aber mehrere in letzter Zeit aufgedeckte Wandmalereien lassen hoffen, dass noch einiges unter Putz und Tünche vorhanden ist. Dafür finden wir in keiner europäischen Kunstlandschaft eine derartige Fülle an Holzplastiken, die in der Entwicklung von der Früh- über die Hoch- zur Spätgotik, selbst kleinste Dorfkirchen bereichern. Neben zahlreichen, dem Namen nach unbekannten Meistern, bildet das umfangreiche Werk von Meister Paul aus Leutschau zwei Höhepunkte. Einen künstlerischen, der ihn in eine Reihe mit den großen Bildschnitzern der Spätgotik stellt, und einen stilistischen, als Vollender und Neuerer, der bereits stark von der Renaissance beeinflußt war. Zahlreich vertreten und bedeutend sind die Wandmalerei und die Tafelmalerei.
Die Renaissance ist mit einigen wenigen Altären und zahlreichen Grabplatten beteiligt. Die Barockplastik erreichte mit der Tätigkeit Rafael Donners und seines Kreises einen Höhepunkt. Die Barockmalerei hatte einige beachtliche Vertreter: Adam Fr. Oeser, Franz A. Maulbertsch, Johann L. Kraker. Desgleichen die Plastik und Malerei des Klassizismus mit: Franz X. Messerschmidt, Johann Rombauer, Joseph Czauczik, u. a. In der späteren Zeit und in der Gegenwart mit der Vielfalt ihrer Stilrichtungen erreichten zahlreiche Maler mehr als eine lokale Bedeutung:
Johann Kupecky, Karl Sovánka, Ladislaus Mednyansky, Christian Attersee, Anton Lehmden, Herta Ondrusová-Victorin, Andreas Antony, Hans Weiss, Karl Kiraly, Adorian Lux u. a., ferner der Graphiker Karl Frech, sowie die Bildhauer Viktor Tilgner, Anton Fadrusz, Alois Rigele, Robert Kühmayer, Josef Damko, Ludwig Mack, Peter Steyer u. a.

4. Literatur

Im Verhältnis zu ihrer Größe war die Slowakei sehr reich an Dichtern und Schriftstellern, von denen naturgemäß nur einige einen überregionalen Bekanntheitsgrad erreicht haben, so z. B. Daniel Speer, Daniel Klesch, Jakob Glatz oder Tobias G. Schröer. Als Beispiel einer mündlichen Fortpflanzung alten Volksgutes gelten das Christgeburts-, das Paradies- und das Dreikönigsspiel von Oberufer, die im deutschsprachigen Raum und in Waldorfschulen auf der ganzen Welt heute noch aufgeführt werden. Im vergangenen Jahrhundert sind einige profilierte Schriftsteller und Dichter an die Öffentlichkeit getreten, von denen Alfred Marnau eine weite, große Beachtung fand. Zahlreich sind die Heimatforscher, die beachtliche Beiträge lieferten, ebenso wie die vielen Mundartdichter, die die Nähe zur ländlichen Bevölkerung aufrecht erhalten konnten und deren Arbeiten von dem reichen Vereinsleben aufgegriffen wurden.

5. Musik, schöne Künste

Im Kulturraum des Donaubeckens spielte die Musik eine große Rolle, wobei sich im Laufe der Jahrhunderte das kompositorische Schaffen der verarmenden königlichen Freistädte der Mittel- und Ostslowakei in den Bereich von Preßburg verlagerte. Weltweite Bedeutung erlangten Johann Nepomuk Hummel, Franz Schmidt, Ernst von Dohnanyi und Johann Mory. Als bekannte Interpreten sind zu nennen: Kurt Freitag, Heinrich Baumgartner, Leo Kestenberg und Narcisse Prokopec.
Groß war auch die Zahl der in Preßburg konzertierenden Künstler und interessant die Aufenthalte Beethovens und Schuberts bei ihren Gönnern in der Slowakei.
Überregionale Bedeutung erreichten die Arbeiten des Tanzlehrers und Choreographen Rudolf Laban und großer Beliebtheit erfreute sich die Schauspielerin Erika von Thellmann.
Als erste periodische Zeitung in Ungarn, die eine lange Lebensdauer (bis 1929) hatte, erschien am 14.7.1764 die deutsche "Preßburger Zeitung". Auch in anderen Regionen der Slowakei, mit Ausnahme des Hauerlandes, wurde eine Reihe von deutschsprachigen Zeitungen gegründet, z. B. in Leutschau der "Zipser Anzeiger", später "Zipser Bote" (1863-1908), in Kaschau die "Kaschauer Zeitung" (1872-1914), in Neutra "Pannoma" (1872-1897), in Tyrnau das "Tirnauer Wochenblatt" (1869-1880), in Preßburg das "Preßburger Tagblatt" (1870-1873, 1896-1924).
Drei Zeitungen existierten bis in die 40er Jahre: "Westungarischer Grenzbote" (1872-1918), ab 1919-1945 als "Grenzbote" in Preßburg, "Deutsche Stimmen" (1934-1945) auch in Preßburg und in Kesmark die "Karpaten-Post" (1880-1942).
Ab 1949 erscheinen in Stuttgart die Monatszeitschrift "Die Karpatenpost" und das "Karpatenjahrbuch" und seit 1991 in Deutschendorf/Poprad die Monatszeitschrift "Karpatenblatt".

7. Schulen

Der überwiegend städtische Charakter der deutschen Siedlungsgebiete brachte es mit sich, dass sich schon seit dem 14. Jahrhundert ein beachtliches Bildungswesen entwickelte. Mit der Reformation erfuhr das Schulwesen in den deutschen Städten eine starke Vertiefung. Ab diesem Zeitpunkt hatten nicht nur alle Städte, sondern auch Dörfer eigene, sogenannte "Brot- oder Schreibschulen". Zu den bedeutendsten deutschen Schulanstalten, die auch von namhaften Persönlichkeiten der Madjaren und Slowaken besucht wurden, gehören das Kesmarker Gymnasium (1533 gegründet) und das Preßburger Gymnasium (1606 gegründet). Große Bedeutung errang die erste Montanhochschule der Welt, die 1762 in Schemnitz gegründet wurde. Die Apponyische Gesetzgebung aus dem Jahre 1907 schränkte den Unterricht in deutscher Sprache stark ein. Erst nach 1918 kam die deutsche Unterrichtssprache wieder zu ihrem Recht. 1939 erhielt das deutsche Schulwesen durch eine eigene Abteilung im Schulministerium eine beträchtliche Unterstützung. 1943 hatten die Deutschen in der Slowakei in 122 Schulorten 141 Volksschulen, 23 Bürgerschulen, 1 Lehrerakademie, 2 Handelsakademien, 3 Gymnasien und 17 Fachschulen verschiedener Art. Nach 1945 wurde Deutsch nur als Fremdsprache gelehrt, und erst seit 1992 kam es zu einem Neuanfang mit eigenen deutschen Kindergärten, bilingualen Volksschulen und Gymnasien.

8. Wissenschaft und Technik

Im Bereich der Wissenschaften und der Forschung sind bedeutende Leistungen vollbracht worden, von: Christian Augustini ab Hortis (Naturforscher, Heilkundler), David Frölich (Mathematiker), Matej Bél, der zwar von Geburt Slowake war, aber der Bildung nach sich selbst als Deutscher betrachtete, (Geograph, Historiker, Hofgeschichtsschreiber Karl VI.), der Buchholtz-Familie (Naturforscher), J. Kachelmann (Bergbauhistoriker), Johann Liptak (Historiker). Mit Geologie, Botanik, Meteorologie, Glaziologie, Zoologie und Mykologie beschäftigten sich: Paul Kitaibel, Gregor Berzeviczy, Thomas Mauksch, die Genersich-Brüder, Samuel Roth, Franz Denes, Ernst Bethlenfalvy, Johann Bäumler und andere.
Besonders zahlreich sind die Arbeiten auf dem Arbeitsfeld der Geschichte und ihr verwandten Gebieten. Hier schrieb allein der Theologe Adalbert Hudak 23 Bücher, die mit den mehr als 600 Artikeln ein weites Gebiet abdecken, das von der Theologie über die Tagespolitik und den Zeitgeist bis zur Allgemeingeschichte reicht. Ferner entstanden zu verschiedenen Teilbereichen der Geschichte zahlreiche grundlegende und kritische, wie auch hervorragend recherchierte Arbeiten, so u. a. von Johann Liptak, P. Rainer Rudolf, Ruprecht Steinacker, Ernst Tatarko, Paul Brosz, Rudolf Melzer, Ernst Hochberger, Jörg Hoensch und Friedrich Gottas.
Die Technik konnte bahnbrechende Leistungen vorweisen: Kaspar Waindl (Erstmalige Verwendung vom Schießpulver im Erzabbau), Hell-Familie (Wasserhebemaschinen, math. Grundlagen), Johann A. Segner ("Segnersches Rad", Vorläufer der Wasserturbine), Maximilian J. Petzval (Durchbruch zur allgemeinen Anwendung der Fotografie mit Hilfe von Objektiven mit kurzer Belichtungszeit), Adalbert Alexander (Verbesserung der Darstellung auf dem Röntgen-Schirm) und Philipp E. Lenard (1905 Nobel-Preis, - bisher der einzige der Slowakei! - für Erkenntnisse im Bereich der Kathodenstrahlen).
Im optisch nicht sichtbaren Bereich waren einige bahnbrechende Erfolge zu verzeichnen. So gelang Wilhelm Borsig die erste Nierentransplantation in Deutschland und Johann Ertl bereicherte die Orthopädie und die plastische Chirurgie.

9. Handwerk und Zünfte

In den Städten der Slowakei entstanden im 14. Jahrhundert die ersten Interessengemeinschaften der Handwerker, die Zünfte. Die Mitgliedschaft war zuerst nur auf Deutsche beschränkt. Die Zunft regelte das Verhältnis zur kirchlichen und weltlichen Obrigkeit, sowie die Angelegenheiten der Zunftmitglieder untereinander, zwischen den Lehrlingen, Gesellen und Meistern. In Neusohl waren im Jahre 1529 ganze 28 handwerkliche Zünfte registriert, in Leutschau am Ende des Mittelalters sogar 42 Zünfte. Ab dem 18. und 19. Jahrhundert verlor das Zunftwesen seine praktische Bedeutung.

10. Bergbau

Seit dem 13. Jahrhundert luden die ungarischen Könige deutsche Fachleute, die fähig waren wertvolle Erze sachkundig zu fördern (Stollen und Schacht), ins Land. So kamen Bergleute aus Kärnten und dem Harz, aus Böhmen und Mähren in die Slowakei. Sie errichteten nach und nach die sieben "niederungarischen Bergstädte" im Hauerland und die sieben "oberungarischen Bergstädte" in der Zips. Besonders die mittelslowakischen Bergstädte wie Kremnitz, Schemnitz und Neusohl waren in ihrer Blütezeit im 14. bis 16. Jahrhundert die Grundlage der Geldwirtschaft in ganz Ungarn. Durch die Zusammenarbeit zweier Unternehmerfamilien - der Augsburger Fugger und der Zipser Thurzo - wurde der Bergbau des Hauerlandes im 16. Jahrhundert auf seinen Höhepunkt geführt. Die Entdeckung von Amerika, die Türkeneinfälle mit Brandschatzungen, Pestepidemien und antihabsburgische Aufstände verursachten neben einer Dezimierung der deutschen Bevölkerung auch den Ruin und Untergang vieler Bergwerke. Erst während der Regierung von Maria Theresia haben die Montangebiete und Bergstädte der Slowakei eine Wiederbelebung erfahren.

11. Industrie und Wirtschaft

Neben dem Bergbau waren einige Gegebenheiten der Slowakei für mehrere Produkte ideal, z. B. für die Herstellung von Leinen, Barchent, Papier, Blechwaren, Holzgewinnung und Holzverarbeitung. Aber nur wenige Familienbetriebe schafften den Übergang in das Maschinenzeitalter und erreichten eine überregionale Bedeutung (Wein-Weberei, Textil-Veredelung-Kesmark, Cziser-Papier-Deutschendorf). Dazu kamen einige in späterer Zeit gegründete Firmen (Scholtz-Haushaltswaren u. -geräte-Matzdorf, Grüneberg-Bürsten-Preßburg, Manderla-Großfleischerei-Preßburg, Brüder Stein-Bierbrauerei-Preßburg, oder die l. Zipser Dampfbrauerei Poprad).

12. Erschließung der Hohen Tatra, sowie die Gründung von Kurorten und Erholungsstätten

Die Öffnung des so hervorragenden Erholungsgebietes, in dem Wanderungen, anspruchsvolle Sommer- und Skitouren, wie auch leichte bis schwerste Kletterwege absolviert werden konnten, führte, ähnlich wie in anderen Gebirgen, von den Schatzsuchern, Jägern (Wilderern) und Hirten, über Forscher, Gelehrte, Pflanzensammler, zu den ersten Bergsteigern und schließlich zu der Erschließertätigkeit des 1873 von Karpatendeutschen und Magyaren in Kesmark gegründeten Karpathenvereins (KV), nachdem bereits 1863 in Schemnitz ein Touristenklub gebildet wurde, der später als Sektion des KV weiterarbeitete. Der KV war die 5. Gründung eines touristischen Vereins (nach dem Alpine Club London 1857 u. a.), die Bestand hatte.
Nach zwei Phasen besonders erfolgreicher Tätigkeit wurde der KV in den Strudel der sich polarisierenden politischen Leidenschaften hineingezogen, so dass er seine liberalen und demokratischen Grundsätze aufgeben mußte. Trotzdem kam es nicht zu einer vollkommenen Gleichschaltung, bei der ein Ausschluss von der Hälfte der Mitglieder notwendig gewesen wäre.
Es gibt selten ein Land wie die Slowakei, das mit seinen Naturschönheiten, den ca. 1.200 Mineral- und Thermalquellen, und dem konstanten Klima, den Kranken und Erholungssuchenden in vielfältiger Form Heilung, Linderung und Verbesserung des Allgemeinzustandes bieten kann. Aber lange Zeit hindurch war der Mangel an entsprechenden Einrichtungen, vor allem an Unterkünften, ein Hindernis für die Entwicklung von Bädern, die schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts einen guten Namen hatten. So musste Beethoven 1801 bei seinem Aufenthalt in Pistyan (Piestany), noch die einfachen, ausgehobenen Badegruben benutzen. Das änderte sich aber schnell, als tatkräftige und einfallsreiche Unternehmer die Entwicklung vorantrieben.
Alexander Winter in Pistyan, Georg Sina in Trentschinteplitz und Andre Georg Lenoir in Sliac führten die genannten Badeorte auf ein internationales Niveau. Aber auch in den kleineren Kurorten vermittelte die Privatinitiative vielen Unternehmen eine schnelle positive Entwicklung. Wagemutige errichteten am Fuße der Hohen Tatra für die wachsende Zahl der Besucher Hotelanlagen, die später immer höher hinauf verlegt wurden. Eine Großtat auf medizinischem Gebiet war die Einführung der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Klimatotherapie (in jener Zeit hielt sich in Davos noch kaum ein halbes Dutzend Patienten auf) und der Ausbau derselben, an der Michael Guhr in Weszterheim wesentlich beteiligt war. Für das benachbarte Altschmecks war die 1833 erfolgte Verpachtung an Georg Rainer ein Glücksfall, denn er schuf aus der bisher bunt zusammengewürfelten kleinen Ansiedlung einen Kurort ersten Ranges. Ähnlich wie bei Tatrawaldheim, dessen Keimzelle 1927 von dem Ehepaar Eichner gegründet wurde, entstand 1884 Matlarenau aus persönlicher Initiative von Matthias Loisch, dessen Familie eine Hotelgruppe schuf, die eine wesentliche Bereicherung der Tatrakurorte bildete.

13. Bräuche, Mundarten und Trachten der Karpatendeutschen

Die altehrwürdigen Bräuche waren in vielen karpatendeutschen Orten noch bis in das 20. Jahrhundert erhalten geblieben; in den meisten sind sie aber bereits seit einigen Jahrzehnten nicht mehr zu finden. Bleigießen, Knödelkochen zum Andreasabend, Hexenumgänge zu Luzia, Schemelschnitzen zur Christmesse aus verschiedenen Holzarten, Baden (Begießen) der Mädchen und Frauen zu Ostern, Kettenspannen bei Hochzeiten, Geldstreuen über das Hochzeitspaar an der Kirchentür, Aufstellen von Maibäumen, Spinnen und Federschleißen in den Rockenstuben, Volksschauspiele, womit bei weitem nicht alle erwähnt sind. Es gibt kaum eine deutsche Liedgattung, die bei den Karpatendeutschen nicht vertreten wäre, von primitiven Totenklagen bis hin zu kunstvollen geistlichen Liedern. Die Sprachinseln waren ein Sammelbecken des deutschen Liedergutes über mehrere Jahrhunderte.
Die Ansiedlung der aus den Stammlanden Kommenden fand im Mittelalter statt. Sie sprachen demnach noch das Deutsch des Mittelalters, dessen literarische Überlieferung "mittelhochdeutsch" genannt wird. Da die Auswanderer in der neuen Heimat von der Entwicklung der Sprache in ihrem Stammland weitgehend abgeschnitten waren, haben sich bei ihnen mehr alte mundartliche Sprachformen erhalten als bei den Teilen der Bevölkerung, die im eigentlichen deutschen Sprachgebiet lebten. Bei den Gebildeten blieb der Anschluss an die Sprache des Stammlandes erhalten. Der selten geschlossene Siedlungsraum der Karpatendeutschen ließ es nicht zu, im Laufe der Zeit eine einheitliche karpatendeutsche Mundart zu bilden. Daher gab es verschiedene, voneinander abweichende Mundarten.

Im vorwiegend evangelischen Preßburger Weinbaugebiet finden wir einfarbige, dunkle Gewänder mit schwarzen Schürzen, bei jungen Frauen hellere Stoffe, teils noch dirndlmäßig verarbeitet. Schwarze oder weiße Hauben aus Tüll oder Häkelspitzen mit schwarzen oder einfarbig hellen Bändern bezeugen das Alter und den Stand der Trägerin. Die Männerbekleidung war vor allem durch den Weinbau beeinflusst.

Im mittelslowakischen Hauerland sind die Trachten vielfältig und farbenfroh. Die geographische Teilung in drei Sprachinseln, mit den zentral gelegenen Städten Deutsch-Proben, Kremnitz und der Staudensiedlung Hochwies und Paulisch ist auch an den Trachten erkennbar. In der Männerbekleidung ist der starke Einfluss der Bergmannstracht geblieben. Die Frauentrachten aus den einzelnen Ortschaften sind sehr unterschiedlich.

In der Zips kam es zur Bildung von drei Gruppen deutscher Trachten, und zwar in den Siedlungen am Oberlauf der Popper, am Unterlauf der Popper, in der Unterzips. In den Abseits gelegenen Orten, wie Hopgarten und Metzenseifen, verlief eine eigene Entwicklung.